OLG München Urteil: Hauskauf – Schadensersatz für Hausbockbefall trotz Gewährleistungsausschluss wegen arglistiger Täuschung
OLG München, Urteil vom 09.11.2011 – 20 U 3106/11
Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist der Schadensersatzanspruch der Kläger im Zusammenhang mit einem Hauskauf. Die Kläger fordern die Beklagten als Gesamtschuldner auf, die Kosten für die Beseitigung des Holzschädlings Hausbock und die Instandsetzung der vom Hausbock befallenen Gebäudeteile des Wohnhauses zu erstatten.
Die Kläger fordern daher die Feststellung, dass die Beklagten die genannten Kosten zu tragen haben. Zusätzlich verlangen sie Ersatz für vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten.
Im Urteil des OLG München wird festgestellt, dass die Beklagten den Klägern die genannten Kosten zu ersetzen haben. Dies basiert auf der Feststellung, dass die Beklagten wissentlich unvollständige Informationen über den Hausbockbefall im östlichen Dachstuhl während der Verkaufsverhandlungen zurückgehalten haben.
Die Beklagten wussten positiv, dass die Baumassnahmen im Dachstuhl im konkreten Umfang durch den Hausbockbefall verursacht waren. Auf Grund der Frage des Zeugen S. war klar, dass entsprechende Informationen an die Kaufinteressenten weitergegeben werden sollten. Mit bloßem Auge war der Hausbockbefall für einen Laien – nach eigenem Vortrag der Beklagten und den übereinstimmenden Bekundungen der Sachverständigen – nicht zu erkennen. Auch ein behandelter Hausbockbefall vermag Einfluss auf eine Kaufentscheidung zu nehmen. Jedenfalls muss ein redlicher Verkäufer damit rechnen, dass ein Käufer auf Grund einer solchen Information eine eingehendere Untersuchung des Dachstuhls vornehmen und es nicht bei einer bloß optischen Besichtigung belassen wird. Auch steht ein Einfluss auf die Kaufpreisgestaltung zu erwarten. Die Beklagten haben aufgrund unvollständiger Informationen billigend in Kauf genommen, dass den Klägern entscheidungserhebliche Informationen vorenthalten werden. Dieses Verhalten ist arglistig und führt dazu, dass der vertraglich vereinbarte Gewährleistungsausschluss nicht greift.
Der Gerichtshof des Oberlandesgerichts München hat in diesem Fall die relevanten Rechtsnormen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) herangezogen. Insbesondere wurde auf die §§ 311 Abs. 2, 280, 249 BGB Bezug genommen, um den Anspruch der Kläger auf Schadensersatz zu begründen.
Der Gerichtshof entschied, dass die Beklagten durch unvollständige Information ihres Maklers, der als ihr Erfüllungsgehilfe handelte, zumindest billigend in Kauf nahmen, den Klägern wichtige Informationen über den Hausbockbefall im Dachstuhl vorzuenthalten. Dieses Verhalten wurde als arglistig eingestuft, wodurch der vertraglich vereinbarte Gewährleistungsausschluss nicht greift.
Die Kläger wurden daher zugesprochen:
- die Kosten für die Beseitigung des Holzschädlings und die Instandsetzung der betroffenen Gebäudeteile
- die Kosten der Sachverständigentätigkeit
- die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten
Die Beklagten wurden zur Zahlung dieser Beträge verurteilt, zusammen mit den entsprechenden Zinsen. Die Revision wurde nicht zugelassen, da keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache vorlag und die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf den Einzelfall angewendet wurde.
In diesem Fall wurde durch das Urteil des OLG München festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner den Klägern die Kosten für die Beseitigung des Holzschädlings Hausbock und die Instandsetzung der davon betroffenen Gebäudeteile des gekauften Anwesens zu ersetzen haben. Die Kläger erhielten zudem Ersatz für vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten und die Kosten der Gutachtertätigkeit. Die Berufung der Kläger wurde somit erfolgreich durchgesetzt.
Für die weitere juristische Praxis in ähnlichen Fällen ist es wichtig, bei Immobilienkäufen sowohl auf die Offenbarungspflicht des Verkäufers als auch auf den Mängelgewährleistungsausschluss im Kaufvertrag zu achten. Sollten wesentliche Informationen arglistig verschwiegen werden, wie im vorliegenden Fall der Hausbockbefall, kann dies zu Schadensersatzansprüchen führen, auch wenn ein Gewährleistungsausschluss vereinbart wurde.
Es ist ratsam, bei Vertragsschluss alle relevanten Informationen offen zu legen, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden. Zudem sollten sämtliche Vereinbarungen schriftlich festgehalten und gegebenenfalls rechtlich überprüft werden. In Fällen von Baumängeln oder Schädlingsbefall ist es empfehlenswert, eine gründliche Untersuchung der Immobilie durch Sachverständige durchführen zu lassen, um mögliche Risiken frühzeitig zu erkennen.
Die erfolgreiche Berufung der Kläger zeigt, dass eine sorgfältige Prüfung der Vertragsbedingungen und eine umfassende Informationsweitergabe entscheidend für die Durchsetzung von Ansprüchen im Falle von Mängeln oder Schäden an einer gekauften Immobilie sind.