Arglistige Täuschung beim Grundstückskauf: OLG München 15.10.2019 – Rückabwicklung wegen fehlender Baugenehmigung & Schadensersatz

OLG München, Endurteil vom 15.10.2019 – 18 U 4053/18

Das Gerichtsurteil behandelt den Fall eines Grundstückskaufvertrags, bei dem die Klägerin den Beklagten auf Rückzahlung des Kaufpreises und auf Schadensersatz nach Anfechtung des Vertrags wegen arglistiger Täuschung verklagt.

 

Das Landgericht Traunstein hat die Klage abgewiesen, da vertragliche Schadensersatzansprüche der Klägerin nicht zustehen würden. Im notariellen Kaufvertrag sei kein Hinweis auf eine Beschaffenheitsgarantie oder eine ruhige Wohnlage enthalten. Das Landgericht verneinte außerdem das Vorliegen einer arglistigen Täuschung und wies die Anfechtung des Vertrages zurück.

 

Die Klägerin legte Berufung ein und argumentierte, dass der Beklagte sie über die fehlende Baugenehmigung des „Zuhauses“ arglistig getäuscht habe. Das Zuhaus sei als Betriebsgebäude genehmigt worden und nicht zur Wohnnutzung bestimmt gewesen. Die Klägerin argumentiert, dass der Beklagte sowohl hinsichtlich des Zuhauses als auch des Haupthauses wissentlich gegen baurechtliche Bestimmungen verstoßen habe. Sie wirft ihm vor, die baurechtswidrige Nutzung des Zuhauses als Wohnhaus verschwiegen zu haben und somit arglistig gehandelt zu haben. Auch bezüglich der geplanten Kiesgrubenerweiterung wirft sie ihm Arglist vor, da er ihr diese Information vorenthalten habe. Insgesamt lässt sich ableiten, dass der Beklagte hätte hinaus auch über die baurechtswidrige Wohnnutzung des Haupthauses aufklären müssen, was ebenfalls nicht erfolgt ist. Dies stellt eine arglistige Täuschung im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB dar, da die Klägerin bei Kenntnis dieser Umstände den Vertrag möglicherweise nicht oder nicht zu den vereinbarten Bedingungen geschlossen hätte. Die Täuschung bezüglich der baurechtswidrigen Wohnnutzung des Haupthauses tendiert ebenfalls dazu, als arglistig eingestuft zu werden.

 

Die Klägerin fordert daher die Anfechtung des Kaufvertrages. Sie kritisiert zudem, dass das Landgericht eine zwischenzeitliche Unkenntnis des Beklagten einfach unterstellt habe und weiteren Beweisen nicht nachgegangen sei.Die Klägerin verlangte die Rückzahlung des Kaufpreises sowie Schadensersatz und vorgerichtliche Kosten.

 

Das Oberlandesgericht München gab der Berufung der Klägerin überwiegend statt. Es stellte fest, dass die Anfechtung des Grundstückskaufvertrages wegen der fehlenden Baugenehmigung des Zuhauses gerechtfertigt war. Das Fehlen der Baugenehmigung für das „Zuhaus“ stellt einen Sachmangel dar, der die Klägerin zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt.

 

Der Beklagte hatte die Klägerin arglistig über diesen Umstand getäuscht.

 

Die Klägerin konnte daher die Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 710.000 € sowie Schadensersatz und vorgerichtliche Kosten verlangen.

 

Das Gericht wies darauf hin, dass die Klägerin die Maklerprovision und die Grunderwerbsteuer nicht als Schadenspositionen geltend machen konnte, da sie Ansprüche darauf gegen die Maklerin und das Finanzamt hätte geltend machen müssen. Die Klägerin konnte keine entsprechende Ersatzpflicht des Beklagten nachweisen. Die Kosten des Verfahrens wurden zu 8% der Klägerin und zu 92% dem Beklagten auferlegt. Die Entscheidung ist vorläufig vollstreckbar, und die Revision wurde in Bezug auf die abgewiesenen Kosten für die Maklerprovision und die Grunderwerbsteuer zugelassen.

 

Der Beklagte wurde außerdem verpflichtet, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 6.154,56 € zu erstatten. Es wurde festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle weiteren zukünftigen Schäden aufgrund der arglistigen Täuschung zu ersetzen.

 

Die Bedeutung dieses Urteils liegt darin, dass es eine erfolgreiche Anfechtung eines Grundstückskaufvertrages aufgrund arglistiger Täuschung feststellt. Der Beklagte wird zur Rückzahlung des Kaufpreises verurteilt, da er die Klägerin über die baurechtswidrige Wohnnutzung des „Zuhauses“ getäuscht hat. Zudem werden Schadensersatzansprüche der Klägerin aufgrund vorvertraglichen Verschuldens zugesprochen. Das Urteil zeigt, dass arglistige Täuschung und das Verschweigen von relevanten Informationen bei Vertragsverhandlungen zu schwerwiegenden Konsequenzen führen können.